34. Auf der Altstadtmauer und Besuch der Zitadelle מגדל דוד (Turm Davids)


Das Vorhaben, mir einen Großteil der Altstadt von der Mauer aus anzusehen, hatte ich schon vor längerer Zeit gefasst, nun will ich es endlich in die Tat umsetzen. Mein Spaziergang beginnt am Jaffator שער יפו, benannt nach der hier beginnenden Handels-, Pilger- und Heerstraße zur Küste und damit zur Hafenstadt Jaffa יפו. Neben dem Damaskustor שער שכם (im Hebraeischen das Nablustor) ist es der wichtigste Zugang zur Altstadt und die Nahtstelle von dieser und der Neustadt. Zwischen dem Tor und der Zitadelle schlug man 1898 sogar eine Bresche in die Mauer um Wilhelm II. bei seinem Besuch einen Zugang hoch zu Ross zu ermöglichen, obgleich einer Legende nach, jedes die Stadt durch ein Tor reitende gekrönte Haupt Jerusalem beherrschen würde.

Ein geschäftiges Treiben von Händlern, die lautstark sowohl Sesamringe (Simit), als auch eine Vielzahl an Souvenirs anbieten, empfängt mich dort. Ebenso können professionelle Exkursionen in die Altstadt von hier aus gebucht und angetreten werden. Mein Ticket ist schnell gekauft, offensichtlich haben wenige den selben Gedanken und ich habe selten „Gegenverkehr“ auf der 12 m hohen und etwa 4 km langen turmbewehrten Mauer. Sie ist nicht durchgehend begehbar und ich steige beim Löwentor שער האריות wieder hinab in die engen Gassen um nochmal vom Jaffator bis zum Misttor שער האשפות (durch dieses Tor wurde früher der Müll hinaus gebracht) zu gelangen. Die Ausblicke während meines Mauer-Spaziergangs variieren von den ungewöhnlichen Einblicken in die winkeligen Gassen auf der einen Seite bis zu den großzügigen Anlagen mit viel frischem Grün und älteren, aber auch neuen Gebäuden in der Neustadt – empfehlenswert!

Blick von der Altstadtmauer

Wieder am Ausgangspunkt, dem Jaffator, ist die Zitadelle ein weiteres Highlight an diesem Tag. Der Eingang ist schnell gefunden und auch die Formalitäten ohne Probleme erledigt. Nahe gelegt wurde mir dieser מגדל דוד von Miriam, die ich während meines Israel-Besuchs kennengelernt habe. Geboren wurde sie in Nürnberg נורמברג, verliebt hat sie sich zuerst in Jerusalem und anschließend in Noam, einen in Russland geborenen Juden. Sie heirateten und leben seit dem in Jerusalem und würden sich dort sehr wohl fühlen. Hebräisch beherrscht sie mittlerweile perfekt und spricht sowohl in dieser, als auch in englischer und deutscher Sprache ohne Punkt und Komma. Klar, dass ihre Erinnerungen u. a. an Franken, frischem Quellwasser ähnlich, sprudeln. Sie schildert alles sehr detailliert und ich greife lediglich ihr Lieblingsgericht heraus: den fränkisch/rheinischen Sauerbraten. Die fränkisch/rheinische Kooperation funktioniert – wie ich aus eigener Erfahrung weiss – nicht nur beim Sauerbraten צלי חמוץhervorragend.

1,5 kg Rindfleisch (Oberschale, Nuß, Rolle) für mindestens 3 Tage einlegen in die folgende Marinade (zwischendurch wenden) und kühl stellen.

  • 750 ml Rotwein יין אדום
  • 250 ml Rotweinessig
  • 1 gehackte Zwiebel
  • 1 Möhre und 1 Stange Lauch zerteilt
  • 1 Stück Sellerie
  • 1 Lorbeerblatt, einige Pfefferkörner, Wacholderbeeren u. Nelken (ganz)
  • 2 EL Butterschmalz
  • 125 g Rosinen
  • 1 Stück Saucenlebkuchen

Fleisch gut abtrocknen, salzen und pfeffern und in Butterschmalz anbraten. Die Marinade durch ein Sieb in ein Gefäß gießen, einen Teil des Siebinhalts mit anbraten und mit ca. 1/4 l der Marinade aufgießen. Den Braten zugedeckt 2 – 2 1/2 Stunden bei 180 – 200 Grad in der Röhre schmoren, gelegentlich wenden und bei Bedarf etwas Wasser oder Brühe angießen. Anschließend auf einer vorgewärmten Platte zugedeckt im warmen Backofen ca. 15 Minuten ruhen lassen. Inzwischen die Sauce zubereiten: Den Fond durch ein Sieb gießen, mit den Rosinen, 1 Stück geriebenen Saucenlebkuchen und einem kräftigen Schuß Rotwein, Brühe oder Marinade (je nach Schärfe der Sauce) etwas einkochen. Wer mehr Sauce möchte, kann mit Marinade oder Brühe verlängern. Es kann noch mit Tomatenmark und Johannisbeergelee abgeschmeckt werden.

Bei mir gibt es einen Serviettenkloß und Preisselbeeren als Beilage, es passen aber auch Kartoffelklöße mit frischem Apfelmus dazu.

Ich müsse unbedingt die Zitadelle besuchen, meint Miriam. Dort würde ich meinen Wissensdurst über Jerusalem stillen und jede Menge weitere Details erfahren können.

In früheren Zeiten war die Zitadelle eine Festung der Makabäer, Palast Herodes‘ des Großen הורדוס, römische Garnison, Kreuzfahrerburg und mameluckisch-osmanisches Bollwerk. Heute ist es eine Ausgrabungsstätte und gleichzeitig Stadtmuseum. Bei meinem Rundgang begegnen mir Relikte der Mamelucken und Osmanen, der Kreuzfahrer, sowie Reste der Moschee Süleymans. Der Davidsturm מגדל דוד, auf den Fundamenten der herodianischen Burg im 14. Jahrhundert erbaut, beherbergt heute ein kleines Museum aller in Jerusalem vertretenen Religionsgemeinschaften. Ursprünglich hat Herodes seine luxuriös ausgestattete Stadtburg mit insgesamt 3 Festungstürmen versehen: einer benannt nach einem Freund, der zweite nach seinem Bruder (heute Davidsturm), der dritte benannt nach Herodes‘ Lieblingsfrau Mariamne, die er 6 Jahre vorher hat hinrichten lassen. Die ganze Anlage erzählt von vielen vielen Jahren wechselvoller Geschichte und Geschichten. Ich kann sie in dem parkähnlichen Gelände in aller Ruhe auf mich wirken lassen, nachlesen und mich auf einer alten Steinbank wunderbar in die verschiedensten Epochen hinein träumen. Miriam hat nicht zu viel versprochen von diesem Tower of David Museum. Als süßen Abschluß eines historisch sehr interessanten Nachmittags gibt es in Anlehnung an den fränkisch/rheinischen Sauerbraten eine Apfelweintorte (mit wahlweise Franken- oder Rheinwein):

Teig:

  • 125 g Butter חמאה
  • 100 g Zucker סוכר
  • 250 g Mehl קמח
  • 1 Ei ביצה
  • 1 Päckchen Vanillezucker
  • 1 TL Backpulver

Belag:

  • 3/4 l Weißwein (Frankenwein oder einen aus dem Rheinland)
  • 1 Päckchen Vanillezucker
  • 200 g Zucker
  • 2 Päckchen Vanillepuddingpulver
  • 1 kg Äpfel תפוחים
  • 2-3 Becher Sahne

Aus den Zutaten für den Teig einen Mürbteig herstellen und eine Springform damit auslegen, Rand hochziehen. Anschließend aus Wein יין, Zucker und Puddingpulver einen Pudding zubereiten, die geschälten und in kleine Stücke geschnittenen Äpfel unter den Pudding heben. Die Masse auf dem Teig verteilen und bei 175 Grad ca. 90 Minuten backen (die letzten 20 Minuten evtl. mit Folie abdecken). In der Form erkalten lassen (wichtig!) 2 – 3 Becher Sahne (mir reichen 2) steifschlagen und auf dem kalten Kuchen verteilen, mit Zimt oder Kakaopulver bestäuben.

Für heute, ein herzliches Shabbat Shalom שבת שלם und eine gute Woche!


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