32. Pessach


Pessach wird im April gefeiert und es ist nach Purim und Tu bi-Schevat ein weiteres Frühlingsfest. Mein Interesse für die jüdischen Feiertage wurde – wie ich bereits in einem früheren Beitrag geschildert habe – hauptsächlich im Nahum Goldmann-Museum der jüdischen Diaspora in Tel Aviv geweckt. Hier werden 4000 Jahre Geschichte und Gegenwart des Judentums auf sehr beeindruckende Weise vorgestellt. Auch Benjamin, der Bekannte aus dem King David, macht mich immer wieder neugierig auf die alten Gebräuche und Geschichten.

Die Geschichte von Pessach ist eine alte und sehr umfangreiche. Ich beschränke mich auf einen kleinen Teil. Sie können sich/Du kannst dich gerne ausführlicher informieren, z. B. in dem Büchlein über Feste, Gedenk- und Feiertage „Das jüdische Jahr“ von Susanne Galley.

Mein Einstieg in die „kleine“ Geschichte dieses Festes ist das ungesäuerte Brot – ein unbedingtes Muss an Pessach.

Mazze/Mazzot

Zutaten:

  • 250 g Weizenvollkornmehl
  • 100-120 ml Wasser

Zubereitung:

Mehl und Wasser vermischen und zu einem Teig verkneten, diesen ausrollen, in Stücke schneiden und die Fladen im vorgeheizten Backofen bei 180 Grad ca. 15 Minuten backen.

Vom Vermischen der Zutaten bis zum Backen dürfen nicht mehr als 18 Minuten vergehen, damit der Teig ungesäuert bleibt.

Vollkornmehl ist wertvoller als Weißmehl, denn es werden die Randschichten des Getreidekorns und der Keimling mit vermahlen. Das sorgt für ein Extra an ungesättigten Fettsäuren, B-Vitaminen, Mineral- und an Ballaststoffen. Ballaststoffe helfen nicht nur träger Verdauung auf die Sprünge und schützen vor Heißhunger, sondern können auch unsere Darmflora stärken.

In der Tora heißt es, dass nur ungesäuertes Brot während des Pessachfestes gegessen wird. Morgen (bzw. heute Abend) beginnt dieses achttägige, an den Auszug aus Ägypten und der damit einhergehenden Befreiung erinnernde, und als Gründungsdatum des Bundes Gottes mit seinem Volk zählende Fest. Im Vorfeld erfolgt die Reinigung des Hauses von allem Gesäuerten. Dieses symbolisiert die schlechten Eigenschaften: aufgequollen, voller Luft und damit Egoismus, Arroganz, Trägheit, Faulheit und Nichtstun. Während das Ungesäuerte Bescheidenheit, Hilfsbereitschaft und Authentizität versinnbildlicht: nicht so ansehnlich, dafür umso gehaltvoller. Unbedingt beachtet werden muss also, dass das Mehl gemahlener Getreidesorten mit Wasser vermischt, kräftig geknetet und dünn ausgerollt wird.

Gewöhnungsbedürftig dürfte dieses symbolträchtige Brot für Liebhaber von französischem Baguette sein. Für die Zahngesundheit, zum Knabbern zwischendurch und auch für den abendlichen Heißhunger vor dem Bildschirm dürfte es wesentliche Vorteile haben – ganz abgesehen von den religiösen Geboten.

Im Zentrum des Pessachfestes steht die häusliche Feier, der Seder. Seder ist das hebräische Wort für Ordnung. Nichts darf weggelassen werden, alles hat seine Bedeutung. Die Symbole sprechen die Juden auf der ganzen Welt an und überbrücken die Kluft der Zeit, die sie von ihren Vorfahren trennt. Es ist ein Festmahl mit ausgeprägtem Ritual, welches die Bedeutung des Auszugs aus Ägypten mit diversen Speisen, Erzählungen, Bräuchen und Liedern vergegenwärtigt.

Das Gebot nichts Gesäuertes zu essen, Bitterkraut und ein geschlachtetes Lamm, mit dessen Blut die Türpfosten bestrichen wurden – ein Zeichen, dass Gott an diesen Türen vorübergehen und sein Vorhaben, alle erst geborenen Söhne zu töten, in diesen Häusern nicht ausführen soll – es ist nur ein kleiner Teil der Symbolik, die zu diesem Fest gehört.

Zum Festmahl gehört, wie mir von Benjamin erklärt wird, neben Mazzot unbedingt: Bitterkraut (z.B. Meerrettich), Knochen (muss kein Lammknochen sein, Hühnerkeule o. ä.), rohes Frühlingsgemüse (Sellerie, Radieschen, Zwiebel etc.), Gekochtes Ei (Chagiga=Festopfer) und etwas Süßes:

Charosset

Aschkenasische Variante:

  • 3 Äpfel, geschält und gerieben
  • 1 Tasse geschälte und geriebene Mandeln
  • 1 Tasse klein geschnittene Rosinen
  • 1-2 TL Zimt
  • 1 EL süßer Rotwein für Pessach

Alles vermischen, zuletzt Wein zufügen

Sephardische Variante:

  • 2 Tassen Datteln ohne Kern
  • 2 Tassen Wasser
  • 2 Tassen Rosinen
  • ½ Tasse geschälte und geriebene Mandeln
  • 1 TL Zimt
  • 2-4 EL süßer Rotwein für Pessach

Datteln und Rosinen 1 Stunde in Wasser einweichen, anschließend 30 Minuten in Wasser köcheln, etwas abkühlen und im Mixer zerkleinern, mit den übrigen Zutaten vermischen.

Fehlen darf während des Seder auch die Haggada (= Erzählungen) nicht und Abbildungen, die hauptsächlich vom Auszug aus Ägypten handeln.

Sie wird vom Vater vorgelesen und soll die Neugier der Kinder auf die biblischen Geschehnisse wecken.

Es sind „nur“ zwei Kostproben des wesentlich umfangreicheren Festmahles zu Pessach. Ein wieder etwas gehaltvolleres Gericht enthält mein nächster Beitrag.

Ich hoffe du/sie haben sich im Vorfeld zu Yom Kippur (04.-05.10.22 – passt vom Datum eher zur derzeitigen Jahreszeit) um Aussöhnung mit ihren Mitmenschen bemüht. Es ist jedes Jahr eine gute Gelegenheit sich dessen zu erinnern.

shabbat shalom!


4 Antworten zu “32. Pessach”

  1. … „die Reinigung des Hauses von allem Gesäuerten. Dieses symbolisiert die schlechten Eigenschaften: aufgequollen, voller Luft und damit Egoismus, Arroganz, Trägheit, Faulheit und Nichtstun.“ … Eine solche Reinigung sollte nicht nur bei jüdischen Zeitgenossen anstehen, sondern bei vielen anderen auch; insbesondere den Superreichen, welche, wie am Wochenende in der „SZ“ zu lesen war, enorm viel Energie verbrauchen, so z. B. enstehen 50 % der Emissionen aufgrund von Flügen durch das reichste ein Prozent der Weltbevölkerung …

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