Nicht mit dem Containerschiff, wie das erste Mal, sondern mit dem Flieger von Berlin aus lande ich ganz sanft auf dem Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv. Die Sicherheitschecks sind auch dieses Mal reichlich und gründlich, aber nicht weiter problematisch. Etwas wehmütig, da mich niemand in Empfang nimmt, aber voll Tatendrang suche ich den gebuchten Shuttle-Bus und … er kommt, wenn auch mit 20 Minuten Verspätung. Eine nette Amerikanerin aus Atlanta ist mit von der Partie und wir werden in unsere Hotels am Rothschild-Boulevard gebracht. Ich bin angenehm überrascht und fühle mich sofort wohl. Ein erster Abendspaziergang die Sheikin Street entlang führt mich in ein Straßenlokal, in dem ich mir ein typisches Gericht „Picadillo“ schmecken lasse.

Sowohl dieses als auch der „Kuchen mit Dörrobst“ werden hauptsächlich dem Feiertag Tu Bi-Schwat (ich komme in einem späteren Beitrag darauf zurück) zugeordnet. Dieser Festtag zu Ehren der Bäume wird früher im Jahr in Israel gefeiert. Mittlerweile haben wir allerdings Oktober und Sukkot macht sich auch in Tel Aviv bemerkbar. Nachdem die Feiertage in Israel – wie schon erwähnt – am Abend vorher bei Sonnenuntergang beginnen, habe ich das wieder mal schlecht „getimed“. Ich habe meine Ankunft zwar bewusst in die Wochenmitte verlegt, den Feiertag hatte ich bei meiner Planung nicht bedacht. Heute kann man diesen hier deutlich spüren. Es spazieren vereinzelt sogar Ultraorthodoxe durch die Stadt, jedoch sind es wesentlich weniger als in Jerusalem.
Picadillo
- 1 kg Rinderhack
- 1 Zwiebel, feingehackt
- 3 Knoblauchzehen, mit Salz fein zerrieben
- 1 EL Öl
- 500 g Tomaten, gehäutet und in kleine Stücke geschnitten
- 2 Äpfel, geschält und in Würfel geschnitten
- 1 rote Paprikaschote, klein geschnitten
- 1/2 Tasse Rosinen
- je 1/2 TL Chilipulver und Zimt
- je 1/4 TL Pfeffer, gem. Nelken, gem. Kümmel
- 1/2 TL Salz
- 2/3 Tasse gefüllte grüne Oliven, einmal durchgeschnitten
- 1/2 Tasse geschälte, gehackte Mandeln
Fleisch mit Zwiebel und Knoblauch in einer großen Pfanne anbraten, Tomaten, Äpfel und Paprikaschote, Rosinen, Gewürze und Salz dazu geben und 30 Minuten langsam zugedeckt köcheln lassen. Nachdem die Flüssigkeit fast verdunstet ist, die Oliven zugeben und sie noch etwas mitgaren bis sie erwärmt sind.
Mit italienischen Crescente und israelischem Rotwein schmeckt das Gericht auch im Oktober vorzüglich.

In Tel Aviv erscheinen mir die Menschen in der Mehrzahl, die einen freien Tag begehen, am Strand, in der Stadt, beim Boule spielen, beim Familienausflug zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Es sind auch einige Lokale geöffnet, am Strand so ziemlich alles und es ist ein deutlicher Unterschied zu Jerusalem. Auf dem Weg heute morgen fällt mir am Habima Square ein Baum mit vielen vielen BHs behängt ins Auge. Ich spreche ein Paar an, das mir entgegen kommt und erfahre auf meine eher amüsierte Fragestellung, dass es sich um ein an Brustkrebs mahnendes Demonstrationsobjekt handelt. Die Frau erklärt mir, dass es in Israel eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung von Brustkrebs gibt und das hier an die regelmäßige Kontrolle erinnert werden soll. Es macht mich sehr betroffen, daß ich so gedankenlos mit der Bemerkung über einen lustigen Baumbehang ein Gespräch begonnen habe. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich den Dizengoff Square verfehle und viel zu weit in die falsche Richtung laufe. Eine Frau, die mir meinen während dieses Aufenthalts ersten Granatapfel-Saft presst, versichert mir jedoch, daß dort gebaut wird und die Einkaufsmall (als ob ich nur des Einkaufens wegen zu diesem Platz will) nicht geöffnet wäre. Ich beschließe alternativ in Richtung Strand weiter zu laufen und lasse meine Füße erstmalig mit israelischem Mittelmeer-Wasser sanft streicheln und vom Sand massieren. Der Strand ist übervoll von Menschen, die diesen Feiertag mit Sonne und Meer genießen. Ich verabschiede mich erstmal vom Meer (nicht endgültig – ich werde die nächsten Tage noch einen Abstecher machen) und laufe zurück den Rothschild-Boulevard entlang zum Hotel. Vom 4-stündigen Laufen etwas müde, lege ich eine kleine Siesta auf der Hotelterrasse ein. Mit Beethovenkonzert aus der Konserve und einem feinen Kuchen s. u., lehne ich mich zufrieden zurück und hänge meinen Gedanken nach: ich bin in Tel Aviv, einer von so vielen Gegensätzen geprägten jungen pulsierenden Stadt und …. glücklich!
Kuchen mit Dörrobst

- Untere Schicht:
- 1 Tasse halbgriffiges Mehl
- 1/4 Tasse Zucker
- 1/2 Tasse Margarine
- Obere Schicht:
- 1/2 Tasse halbgriffiges Mehl
- 2 Eier
- 1/4 Tasse brauner Zucker
- 1 TL Vanillezucker
- 1/2 TL Backpulver
- je 1/2 Tasse getrocknete Feigen, Aprikosen, Mandeln alles fein gehackt
Margarine mit Zucker schaumig rühren, Mehl dazugeben und verkneten. Die Masse auf den Boden einer nicht gefetteten Form geben und bei 180 Grad ca. 20 Minuten backen bis der Teig hellbraun ist. Inzwischen die obere Schicht vorbereiten: Mehl, Backpulver, braunen Zucker, Eier und Vanillezucker sehr gut vermengen. Alle gehackten Zutaten dazu geben und die Masse auf die untere Schicht streichen, vorsichtig in die Röhre zurück schieben und noch 25 Minuten backen.
Am Nachmittag geht es zuerst zum Haus von Chaim Nachmann Bialik. Das ehemalige Wohnhaus des Dichters ist ein seltenes Beispiel eines Architekturstils, bei dem arabische Elemente mit europäischem Jugendstil kombiniert wurden. Bialik ist einer der einflussreichsten hebräischen Dichter und wird in Israel als Nationaldichter angesehen. Er zog von Russland (er wurde 1873 in der Ukraine geboren) über die Türkei und Polen nach Deutschland. Von dort wanderte er 1924 nach Palästina aus. In Tel Aviv ließ er sich nieder, starb jedoch 1934 in Wien. Sein Haus ist nicht sehr spektakulär, wobei europäischer sowie orientalischer Stil gut erkennbar sind. Es ist noch ruhig, wird aber zunehmend lauter, offensichtlich haben sich mehr große (Eltern) und hauptsächlich kleine Menschen (Kinder) diese Besichtigung für heute vorgenommen. Der Dichter Bialik war schließlich auch ein großer Kinderfreund und Autor von Kinderbüchern. Den Rest des Nachmittags verbringe ich im früheren Haus des ersten Bürgermeisters von Tel Aviv, Meir Dizengoff. David Ben Gurion hat dort 1948 den Staat Israel proklamiert.
Ein weiterer voller Tag in Tel Aviv (mir wird bewusst, dass ich viel zu wenig Zeit eingeplant habe): Der Carmel Market wird in meinem etwas in die Jahre gekommenen Reiseführer als recht interessant beschrieben. Also – nachdem mich Märkte immer anziehen, beschließe ich, ihm einen Besuch abzustatten. Ein unvorstellbares Gedränge und Geschiebe erwartet mich dort (es ist Freitag), ich suche mir ein ruhiges Plätzchen und bestelle, nachdem es bereits Mittag ist, Fisch & Chips. Der Rückweg durch das Gewusel macht müde, auch deshalb weil ich den Rest des Essens sowie etwas Obst mit ins Hotel zurück schleppe.
Nach einer kleinen Pause geht es nochmal den Rothschild-Boulevard entlang, Richtung Jaffa. Und … wen sehe ich da auf einer Bank sitzen: Tuvia Tenenbom, meinen israelisch-deutsch-amerikanischen Lieblingsautor mit seiner Frau. Klar, ich spreche ihn an, frage höflich, ob er Tuvia ist und es ergibt sich ein nettes Gespräch. Dabei werde ich eingeladen, auf die Vorstellung und Lesung seines neuen Buches im Begin-Center in Jerusalem zu kommen. Es freut mich sehr, ihn auf diese Weise persönlich kennenlernen zu können.
Nach dieser überaus angenehmen Unterbrechung geht es weiter über die Sheikin Street nochmal zum Strand. Ich laufe am Wasser entlang bis Yafo (Jaffa) – dieser Abschnitt, der den Blick automatisch auf die Altstadt mit der Großen Moschee und den Uhrturm lenkt, ist wunderschön. Der sehr viel ältere Stadtteil hat trotz vieler Neuerungen seine arabische Atmosphäre bewahrt und ist ein interessantes Kontrastprogramm zum europäisch wirkenden Tel Aviv.
Die Sonne geht unter und ich kann mich nicht sattsehen. Es ist zauberhaft dort, vor allem mit der Abendsonne, die die Gebäude zuerst herrlich anleuchtet und dann spektakulär im Meer versinkt. Eine gebürtige Irakerin spricht mich auf einer Bank an und bietet mir etwas von ihrem Snack an. Leider ist ihr Englisch sehr holprig und so kann ein Gespräch nicht wirklich stattfinden. Es ist aber immer erstaunlich, wie man sich trotzdem versteht und ein klein wenig unterhalten kann.

Der Spaziergang zurück zum Hotel führt mich über Neve Tzedek, einen ehemaligen Vorort von Jaffa. Dort finde ich ein mittlerweile geöffnetes Restaurant – heute ist immerhin Sabbat – und lasse mir ein sehr feines indisches Gericht schmecken. Auf dem Heimweg über den Rothschild Boulevard nehme ich nochmal ein angenehmes Bad in der Menschenmenge und beschließe den Abend mit einem Glas Rotwein im Hotel.
Mein letzter Tag in Tel Aviv beginnt auf der Hotelterrasse mit einem grünen Shakshuka (Brokoli und Spinat) und dem Vorsatz, auf alle Fälle wieder zu kommen. Im nächsten Beitrag nehme ich den Bus nach Jerusalem und begebe mich dort auf einen neuen Spaziergang mit einem amüsanten Abschluss im King David Hotel. Neugierig? Dann bis zum nächsten Freitag!
2 Antworten zu “25. Tel Aviv תל אביב : vom Rothschild-Boulevard zum Strand und nach Yafo יפו”
… schön, daß es einen „Festtag des Baumes“ gibt, davon bräuchten wir mehr!
Und schön, daß es auch „grünes“ Shakshuka gibt, da suche ich doch gleich mal nach einem Rezept 🙂
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Ja, auch das grüne Shakshuka schmeckt recht lecker, wobei das rote halt das Originale ist.
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